Revision: Wiedereinsetzung

Revisionsrecht: Revisionsbegründungsfrist versäumt – was nun?

Das Revisionsrecht ist besonders streng, wenn es um Fristen und formelle Anforderungen geht. Da die Revisionsbegründungsfrist grundsätzlich nur einen Monat beträgt, müssen Verteidiger diese Frist oft voll ausschöpfen, um die Revision fundiert begründen zu können. Wird die Frist versäumt, ist die Revision grundsätzlich unzulässig. Als letzte Rettung erscheint in solchen Fällen eine sogenannte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Entsprechende Anträge sind jedoch häufig nicht von Erfolg gekrönt. Mit den dafür geltenden Anforderungen hat sich kürzlich erneut der Bundesgerichtshof beschäftigt (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2024 – 5 StR 225/24). 

Worum geht es bei einer Wiedereinsetzung überhaupt?

Allgemein gilt, dass jemandem auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten. Dabei geht es nicht um ein Verschulden des Anwalts, sondern immer um ein Verschulden des Angeklagten selbst. Anders als im Zivilprozess muss sich der Angeklagte ein Verschulden seines Anwalts nicht zurechnen lassen.

Allgemeine Anforderungen an einen Antrag auf Wiedereinsetzung

Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer Woche, nachdem das Hindernis für die Einhaltung der Revisionsbegründungsfrist weggefallen ist, bei dem Gericht beantragt werden, von dem das Urteil stammt. Innerhalb dieser Wochenfrist ist grundsätzlich auch die Revisionsbegründung nachzuholen. Zudem sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft zu machen. Die dafür geltenden Anforderungen sind hoch, wie die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt:

Vollständiger, widerspruchsfreier Tatsachenvortrag notwendig

Der Wiedereinsetzungsantrag muss konkrete Tatsachen so vollständig und widerspruchsfrei vortragen, dass sich daraus das fehlende Verschulden ergibt. Das war im aktuellen Fall nicht geschehen. Aus dem Antrag ergab sich nicht klar, ob der Angeklagte seinen früheren Verteidiger überhaupt mit der Begründung der Revision beauftragt oder einfach auf eine rechtzeitige Revisionsbegründung vertraut hatte, weil dieser Verteidiger die Revision schon ordnungsgemäß eingelegt hatte. 

Besondere Anforderungen bei der Glaubhaftmachung

Der Antragsteller muss die relevanten Tatsachen auch noch glaubhaft machen. Hier lauern Fallen. Insbesondere reicht es nicht immer aus, dass der aktuelle Verteidiger die vorgetragenen Tatsachen anwaltlich versichert. So auch nicht im aktuellen Fall: Eine anwaltliche Versicherung genügt dem Bundesgerichtshof zufolge nur dann für eine Glaubhaftmachung, wenn es um Tatsachen geht, die der Verteidiger selbst wahrgenommen hat. Das ist naturgemäß bei Handlungen eines anderen Verteidigers meist nicht anzunehmen. Insofern genügt es auch nicht, wenn der Angeklagte selbst eine Erklärung abgibt, weil Erklärungen des Angeklagten grundsätzlich kein Mittel der Glaubhaftmachung sind. Notwendig wäre es also gewesen, eine Erklärung des früheren Verteidigers für Vorgänge aus dessen Sphäre einzuholen. 

Fazit

Ist die Revisionsbegründungsfrist erst einmal versäumt, befinden sich Angeklagte und Verteidiger in einer äußerst unangenehmen Lage: Die Anforderungen an einen Antrag auf Wiedereinsetzung sind hoch. Selbst wenn sie eingehalten sind, hat der Antrag keinen Erfolg, falls den Angeklagten – zum Beispiel wegen unklarer Kommunikation – doch Schuld am Versäumen der Revisionsbegründungsfrist trifft. All diese Probleme lassen sich so gut wie immer vermeiden, wenn man sich frühzeitig an einen auf die Revision spezialisierten Verteidiger wendet.

Spezialisiert im Revisionsrecht

Rechtsanwalt Dr. Sebastian Seel ist in unserer Kanzlei der Spezialist für das als besonders schwierig geltende Revisionsrecht. Er hat schon früh umfangreiche praktische Erfahrungen in diesem Rechtsgebiet gesammelt. Zudem hat er sich in seiner Dissertation mit Grundfragen des Strafprozessrechts sowie revisionsrechtlichen Fragen befasst. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit hat er zahlreiche wissenschaftliche Beiträge in den wichtigsten Fachzeitschriften veröffentlicht, darunter wiederholt auch Beiträge zum Revisionsrecht.