Korruption im Gesundheitswesen

Korruption im Gesundheitswesen war bis 2016 nicht im Strafgesetzbuch geregelt. Seitdem erfasst der § 299a StGB die Bestechlichkeit sowie der § 299b StGB spiegelbildlich die Bestechung im Gesundheitswesen. Ergänzt werden diese beiden Regelungen ferner um die Anordnung besonders schwerer Fälle in § 300 StGB.

Der Große Senat für Strafsachen am Bundesgerichtshof hatte 2012 entschieden, dass niedergelassene Ärzte weder Beauftragte der Krankenkasse noch Amtsträger, sondern eben als Freiberufler tätig sind. Deshalb war Korruption weder von den Regelungen zur Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) noch den Amtsträgerdelikten (§§ 331 ff. StGB) erfasst. Durch die Einführung der §§ 299a ff. StGB beabsichtigte der Gesetzgeber nunmehr diese Lücke im Medizinstrafrecht zu schließen.

Korruption im Gesundheitswesen, §§ 299a ff. StGB

Die Regelungen der Korruption im Gesundheitswesen folgt der für Korruptionsdelikte gängigen Struktur. Während jedermann bestechen kann, können lediglich ausgewählte Personen bestochen werden. Bestraft wird dabei stets das Abschließen einer Unrechtsvereinbarung, das heißt, die unlautere Bevorzugung im Rahmen bestimmter Tätigkeiten im Gesundheitswesen als Gegenzug für ein Vorteilsversprechen.

Angehörige eines Heilberufs

Konkret richtet sich der § 299a StGB an Angehörige eines Heilberufs mit einer staatlich geregelten Ausbildung. Als Grundlage für die Korruption im Gesundheitswesen diente die Regelung zum Verrat von Privatgeheimnissen aus § 203 StGB.

Erfasst sind demnach
  • Ärzte
  • Zahnärzte
  • psychologische Psychotherapeuten
  • Gesundheitspfleger
  • Physio- und Ergotherapeuten
  • Logopäden.

Diesen Berufsgruppen ist es untersagt, im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung Vorteile für sich oder einen Dritten anzunehmen, zu fordern oder sich versprechen zu lassen. Die Tathandlung und das Tatumfeld sind mithin denkbar weit; allein Tätigkeiten im rein privaten Umfeld gelangen von vornherein nicht in den Fokus.

Bedenkt man zusätzlich, dass als Vorteil nach gefestigter Rechtsprechung alles zu bewerten ist, worauf der Empfänger keinen Anspruch hat, kann man erahnen, wie hoch das Risiko ist, wegen Verdachts der Korruption im Gesundheitswesen in den Fokus der Ermittlungsbehörden zu gelangen.

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Bestraft wird derjenige Heilberufsträger, der einen anderen im in- sowie ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt, im Gegenzug für

  • Verordnung von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten,
  • Bezug von Arznei- bzw. Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen oder einen seiner Berufshelfer bestimmt sind, oder
  • Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial.

Ausdrücklich hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung festgehalten, dass das Verständnis der unlauteren Bevorzugung sich an den bereits zuvor geltenden medizin- und sozialrechtlichen Regelungen orientieren soll. Besonders im Fokus sind deshalb die Normen, die ein Verbot der Zuweisung gegen Entgelt statuieren, z.B. § 128 SGB V oder §§ 30 ff. Musterberufsordnung der Ärzte.

Uneindeutige Schwelle zur Strafbarkeit

Problematisch ist insbesondere, dass der Gesetzgeber durch die Weite und Unklarheit dieser Korruption im Gesundheitswesen eine kaum hinzunehmende Lage für diejenigen Berufsträger im Gesundheitswesen geschaffen hat, die sich legitim verhalten wollen.

Sowohl in der Verteidigung als insbesondere auch in der präventiven Beratung rücken nunmehr Kooperation zwischen einzelnen Teilnehmern des Gesundheitswesen in den Fokus. Die Zusammenarbeit von Ärzten, Therapeuten, Kliniken, Pharmaunternehmen und Heilmittelerbringern sind geprägt vom kooperativen Austausch, von Leistung und Gegenleistung – gerade zum Wohle des Patienten. Stets betont der Gesetzgeber die Notwendigkeit entsprechender Kooperation, regt zu diesen an und rückt sie dennoch in den Fokus der Ermittlungsbehörden.

Regelmäßig werden hier geprüft z.B.
  • Kooperationsvereinbarungen
  • Anwendungsbeobachtungen
  • Gewinnbeteiligungen
  • Beratungsverträge
  • Referententätigkeiten
  • Zuwendungen zu Forschungsvorhaben
  • Kostenübernahmen für Aus- und Fortbildungen.

Strafverteidigung bei der Korruption im Gesundheitswesen

Eine frühzeitige Beratung nicht nur zur Verteidigung sondern auch zur Vermeidung von Vorwürfen ist von zentraler Bedeutung.

Meist ist bereits die Durchführung eines Ermittlungsverfahren wegen der damit einhergehenden Unsicherheit, der Durchführung belastender Ermittlungsmaßnahmen (etwa Durchsuchungen, Befragungen von Kollegen und Patienten) sowie Meldungen bei den zuständigen Kammern äußerst belastend und im Gesundheitswesen das Entdeckungsrisiko besonders hoch. Letzteres folgt daraus, dass Abrechnungen sowie Kooperation transparent erfolgen und Anhaltspunkte für Fehlverhalten demzufolge schnell gefunden sind. Häufig begründen jene dann auch noch die Annahme eines besonders schweren Falles gemäß § 300 StGB, der schon bei der wiederholten Beteiligung von drei Personen anzunehmen ist – einer für Kooperationen im Gesundheitswesen eher der Regel denn der Ausnahme entsprechenden Gruppengröße.

Strafverteidigung ist Vertrauenssache

Die frühzeitige Verteidigung ist auch deshalb von herausragender Bedeutung, weil hier neben der Verurteilung wegen Korruption im Gesundheitswesen auch der Verdacht von Abrechnungsbetrug sowie Steuerhinterziehung naheliegt. Eine frühzeitige Beratung ist nicht nur zur Verteidigung, sondern auch zur Vermeidung des Vorwurfs einer Korruption im Gesundheitswesen von zentraler Bedeutung.

Die Rechtsprechung nimmt – unabhängig davon, ob Leistungen ordnungsgemäß erbracht wurden – einen Betrug gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung an, wenn der Abrechnung Korruptionshandlungen zu Grunde liegen und das Steuerrecht versagt die Geltendmachung von Betriebsausgaben für Aufwendungen in diesem Kontext.

Strafe für die Korruption im Gesundheitswesen

Der Grundtatbestand der §§ 299a, 299b StGB sieht Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor. Der besonders schwere Fall des § 300 StGB, bei welchem drei Personen unlauter zusammenarbeiten, kann im Falle der Verurteilung Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren nach sich ziehen.

Noch weitaus schwerer wiegen allerdings die weitreichenden berufsrechtlichen Risiken. Jene reichen von einem Berufsverbot über Verlust der Kassenzulassung sogar bis zum Verlust der Approbation. Wer bei Beratung und Verteidigung indes von Vorneherein die Komplexität an Regeln und möglichen Folgen im Blick behält, schafft es zumeist, derart drastische Folgen zu vermeiden.

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