Die Wehrdisziplinarordnung (WDO) gilt als Wehrgesetz der Bundesrepublik Deutschland innerhalb des deutschen Hoheitsgebietes und für die im Ausland eingesetzten Soldaten der Bundeswehr. Sie ist eine einheitliche Verfahrensordnung zur Würdigung besonderer Leistungen sowie die Ahndung von Dienstvergehen mit Disziplinarmaßnahmen.
Wird gegen einen Soldaten wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt, bestimmt der Disziplinarvorgesetzte nach pflichtgemäßem Ermessen, ob gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens einzuschreiten ist. Das Wehrdisziplinarrecht unterscheidet dabei zwischen einfachen und gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen.
Einfache Disziplinarmaßnahmen verhängt der Vorgesetzten des Soldaten (§ 22 WDO). Der Maßnahmenkatalog ist insoweit abschließend und reicht von einem Verweis bis zu dreiwöchigem Freiheitsentzug (sogenannter Disziplinarrest).
Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen verhängen dagegen nach § 58 WDO ausschließlich die Wehrdienstgerichte. Auch diese Maßnahmen sind abschließend bestimmt. Infrage kommen die Kürzung der Dienstbezüge, ein Beförderungsverbot, die Herabsetzung in der Besoldungsgruppe, die Dienstgradherabsetzung sowie als „ultima ratio“ schließlich die Entfernung aus dem Dienstverhältnis.
Die Truppendienstgerichte und der Wehrdisziplinaranwalt
Als Gerichte der ersten Instanz entscheiden die Truppendienstgerichte Nord in Münster und Süd in München mit (derzeit) insgesamt 14 Kammern. Eine Truppendienstkammer entscheidet in der Hauptverhandlung mit einem Richter als Vorsitzendem sowie zwei ehrenamtlichen Richtern. In zweiter Instanz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht.
Das Pendant zur Staatsanwaltschaft ist die Wehrdisziplinaranwaltschaft als Vertreterin des Bundesministers der Verteidigung sowie der nachgeordneten Einleitungsbehörden. Der Soldat kann sich nach § 90 WDO eines frei gewählten Strafverteidigers bedienen. Als Verteidiger zugelassen sind Rechtsanwälte, andere Personen, die die Fähigkeit zum Richteramt nach dem DRiG haben und Soldaten. Da das Wehrdisziplinarrecht der WDO in wesentlichen Zügen der Strafprozessordnung gleicht, sollte im Wehrdisziplinarverfahren ein erfahrener Strafverteidiger gewählt werden.
Besonderheiten im Wehrdisziplinarrecht
Das gerichtliche Disziplinarverfahren beginnt gemäß § 93 WDO mit einer Einleitungsverfügung. Diese enthält das dem Soldaten vorgeworfene Fehlverhalten.
Der Wehrdisziplinaranwalt übernimmt die Ermittlungen und hat nach dessen Abschluss die Möglichkeit, das Verfahren entweder einzustellen oder dem Truppendienstgericht eine Anschuldigungsschrift vorzulegen (§§ 97 ff. WDO). Der Richter erlässt dann einen dem Strafbefehl ähnelnden Disziplinargerichtsbescheid (§ 102 WDO) oder lädt den beschuldigten Soldaten zur Hauptverhandlung. Die Hauptverhandlung folgt gemäß § 91 WDO den Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO), ist aber gemäß § 105 WDO nicht öffentlich. Das Urteil kann demzufolge auf Disziplinarmaßnahme, Freispruch oder Einstellung des Verfahrens lauten (§ 108 WDO).
Das Verhältnis von Disziplinarmaßnahmen zu Strafen und Ordnungsmaßnahmen regelt § 16 WDO. Das Disziplinarrecht und Kriminalstrafrecht bestehen danach selbständig nebeneinander – beiderseitige Maßnahmen schließen sich nicht grundsätzlich aus. Jedoch dürfen wegen desselben Sachverhalts keine einfachen Disziplinarmaßnahmen, wie beispielsweise ein Verweis verhängt werden, wenn bereits durch ein Gericht oder eine Behörde unanfechtbar eine Strafe oder Ordnungsmaßnahme verhängt wurde oder eine Tat gemäß § 153a Abs. 1 Satz 5 oder Abs. 2 Satz 2 StPO nicht mehr als Vergehen verfolgt werden kann. Ein Dienstvergehen darf nur einmal disziplinär geahndet werden: Daher findet sich in § 18 WDO das verfassungsrechtlich verankerte Verbot der Doppelbestrafung („ne bis in idem“) wieder.
Bei Verhängung von Disziplinararrest ist gemäß § 16 Abs. 2 WDO eine andere Freiheitsentziehung anzurechnen. Ein Freispruch im Strafverfahren entfaltet schließlich im gerichtlichen Disziplinarverfahren gemäß § 16 Abs. 2 WDO eine Sperrwirkung.
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