Strafvollstreckung und Strafvollzug

Nach Rechtskraft des Urteils beginnt die Strafvollstreckung, besser ausgedrückt: das Strafvollstreckungsverfahren. Dies kann die Vollstreckung einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe im Strafvollzug sein.

Ladung zum Strafantritt in Hamburg

Die Ladung zum Strafantritt folgt nicht selten binnen vier bis sechs Wochen nach der Rechtskraft des Urteils, jedenfalls in Hamburg aber relativ zeitnah. Auf Antrag kann die Vollstreckung gemäß § 456 StPO vorübergehend aufgeschoben werden, sofern durch die sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder seiner Familie erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende Nachteile erwachsen, längstens jedoch vier Monate.

Strafantritt

Der Ladung ist regelmäßig ein Hinweisblatt beigefügt, in dem die Aufnahmezeiten und erlaubten Gegenstände, die zum Strafantritt mitgebracht werden dürfen, erwähnt sind. Auch in der jeweiligen Hausordnung sind die gestatteten Gegenstände aufgeführt.

Der Verurteilte muss sich außerdem bei Haftantritt durch gültige Ausweispapiere ausweisen, ansonsten darf eine Aufnahme nicht erfolgen.

Erlaubte Gegenstände im Strafvollzug in Hamburg

In Hamburg ist es grundsätzlich gestattet eigene Kleidung zu tragen, sofern man selbst für die Reinigung aufkommt, § 23 HmbStVollzG. Folglich ist es ratsam, eine Tasche mit Kleidung zum Strafantritt mitzubringen. Hygieneartikel, z.B. Creme, Parfüm, Duschgel sowie Genuss- und Lebensmittel sind in der Regel nicht erlaubt. Diese können jedoch später beim Kaufmann in der Justizvollzugsanstalt erworben werden.

Insassen dürfen ihre Hafträume in Hamburg „in angemessenem Umfang“ mit eigenen Sachen ausstatten, § 22 HmbStVollzG. Lichtbilder von nahe stehenden Personen sowie Erinnerungsstücke von persönlichem Wert werden in der Regel gestattet. Vorkehrungen und Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraumes behindern oder in anderer Weise die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, sind dagegen verboten.

Die Anstaltsleitung erlässt besondere Regelungen (Hausordnung) zum angemessenen Umfang der Haftraumausstattung und zu Art und Umfang der Vorkehrungen sowie den Gegenständen, u.a. zu Wertgrenzen von Armbanduhren, Schmuck und Elektrogeräten.

Aufnahmeuntersuchung im Vollzugskrankenhaus

Die Aufnahmeuntersuchung dient der Feststellung der Vollzugstauglichkeit bzw. einer medizinischen Behandlungsbedürftigkeit, § 6 HmbStVollzG. Sie bezweckt ferner die Prüfung der Arbeitsfähigkeit, der Sporttauglichkeit sowie der gesundheitlichen Eignung einer Einzelunterbringung. Es sollten ggf. vorhandene ärztliche Behandlungsunterlagen mitgebracht werden. Sollte die Untersuchung zu dem Ergebnis kommen, eine stationäre Aufnahme zur Behandlung oder Untersuchung sei notwendig, so erfolgt die Behandlung grundsätzlich im Zentralkrankenhaus (ZKH), also nicht in öffentlichen Krankenhäusern.

Bei einem Justizvollzugskrankenhaus handelt es sich um eine Einrichtung des Strafvollzugs und deshalb um eine Strafanstalt im Sinne von § 455 Abs. 3 StPO, sodass auch ein Strafantritt in einem Vollzugskrankenhaus gesetzlich vorgesehen ist und krankheitsbedingt kein Strafaufschub gewährt werden muss. Der Strafantritt kann dann direkt im Justizvollzugkrankenhaus (in Hamburg: ZKH) erfolgen.

Strafverteidigung im Strafvollzug

Unsere Verteidigung endet demnach keineswegs mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils. Das Ziel der Verteidigung unserer Mandanten in Haft ist die Reduzierung der Dauer des Freiheitsentzuges auf das noch erforderliche Mindestmaß.

Professionelle Strafverteidigung und Beratung im Bereich des Strafvollzuges wird auch deshalb immer wichtiger, da die Rahmenbedingungen im Strafvollzug stetig schlechter werden. Die Grundsätze der Vollzugsgestaltung, welche das Strafvollzugsgesetz in § 3 StVollzG postuliert, werden dadurch zweifelsohne immer schwerer umsetzbar:

  1. Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden (Angleichungsgrundsatz)
  2. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken (Gegensteuerungsprinzip)
  3. Der Vollzug ist darauf auszurichten, dass er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern (Eingliederungsgrundsatz)

Deren tatsächliche Realisierung gilt es als Verteidiger also stets im Blick zu behalten.

Lockerungen und Reststrafenaussetzung zur Bewährung

Unabdingbar für eine effektive Verteidigung Inhaftierter ist es daher, gemeinsam mit dem Mandanten Konzepte zu erarbeiten, um dessen Freiheitsentzug auf das gesetzlich erforderliche Minimum zu beschränken. Die wichtigsten Möglichkeiten sind z.B.

  • Offener Vollzug
  • Lockerungen wie Außenbeschäftigung, Freigang, Ausführung oder Ausgang
  • Urlaub aus der Haft
  • Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung nach Verbüßung von Halbstrafe oder 2/3 der verhängten Strafe

Natürlich muss der Verurteilte von Beginn an auch aktiv auf solche Vergünstigungen hinarbeiten. Ohne Mitarbeit und Eigeninitiative des Verurteilten sind dem Verteidiger die Hände gebunden. Unbedingt sollte nach Erhalt der Ladung der Termin zum Strafantritt als sog. Selbststeller eingehalten werden, weil dies in allen weiteren Entscheidungen stets positive Berücksichtigung findet.

Akteneinsicht im Strafvollstreckungsverfahren

Für die Verteidigung und den Inhaftierten ist das Recht auf Akteneinsicht auch im Strafvollstreckungsverfahren von zentraler Bedeutung. Folgende Akten werden geführt:

  • Vollstreckungshefte (enthalten u.a. das Urteil sowie die Vollstreckungspläne)
  • Gefangenenpersonalakte (enthält Informationen zur Beurteilung der Persönlichkeit des Inhaftierten sowie mögliche Verstöße im Vollzug)
  • Gesundheit-, Kranken- sowie Therapieakten

Das Recht auf Akteneinsicht ergibt sich nach wie vor aus § 147 StPO. Für gerichtliche Verfahren im Strafvollzug findet § 147 StPO über § 120 StVollzG Anwendung. Ein Anspruch des Inhaftierten auf Auskunft oder Akteneinsicht ergibt sich aus § 185 StVollzG.

Besuchsrecht des Strafverteidigers

Nach § 26 StVollzG hat der Verteidiger ein uneingeschränktes Besuchsrecht. Eine Überwachung der Verteidigerbesuche ist nicht gestattet. Weitere Anwesenheitsrechte bei internen Besprechungen oder Konferenzen in der jeweiligen Strafvollzugsanstalt stehen dem Verteidiger hingegen allgemein nicht zu.

Sinn und Zweck staatlichen Strafens: „Wegschließen für immer“?

Zu guter Letzt seien noch einige allgemeine Anmerkungen gestattet:

Freiheitsentzug ist die schärfste staatliche Reaktion auf das kriminelle Verhalten seiner Bürger. Zweck der Strafe ist, das gesellschaftliche Zusammenleben zu schützen sowie das Vertrauen der Bürger in die Unverbrüchlichkeit des Strafrechts zu stärken, nicht zuletzt aber immer noch die Abschreckung. Auf der anderen Seite sollen Verurteilte im Strafvollzug resozialisiert und dadurch sozial integriert werden.

Kriminologische Studien zeigen dagegen bis heute immer wieder, dass von höheren Freiheitsstrafen und mehr Inhaftierungen gerade keine Abschreckungswirkung ausgeht.

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